ChatGPT: Eine Gefahr oder ein Segen für die Schule?

Künstliche Intelligenz (KI oder AI) hält Einzug in unseren Alltag und damit auch in die Schule. Was bedeutet dies für den Unterricht? Ist es eine Gefahr oder ein Segen?

Was ist ChatGPT?

Das Interface von ChatGPT. Grün, die Antworten des Chatbots.

Seit ein paar Wochen ist ChatGPT in aller Munde. Es ist eine Art Suchmaschine, die komplett neue Wege geht. Die künstliche Intelligenz wurde mit Daten bis 2021 trainiert. Sie versteht natürliche Sprache, auch in Deutsch. Auf die gestellten Fragen gibt sie Antworten in vollständigen Sätzen. Dabei geht ChatGPT über das Listen von Suchresultaten hinaus. Sie kombiniert Informationen, so dass die Antwort deinen Anforderungen entsprechen. So kann das Tool auch komplexe Probleme lösen oder kleine Computerprogramme schreiben. Das Tool hat innerhalb von fünf Tagen eine Million Nutzer erhalten. Zum Vergleich: Netflix hat für die gleiche Nutzerzahl 41 Monate gebraucht, Facebook 10 Monate. Aktuell ist ChatGPT noch kostenlos, ein Kostenmodell ist jedoch geplant.

Das Ende für Suchmaschinen?

ChatGPT revolutioniert die Art, wie wir suchen. Anstatt möglichst wenige aussagekräftige Keywords in die Suchmaschine einzugeben, formuliert man in natürlicher Sprache möglichst detaillierte Anfragen. Dafür erhält man nicht bloß eine Auflistung von statischen Suchresultaten. ChatGPT formuliert eine Antwort aus bekannten Daten, welche genau deiner Frage entsprechen. Damit wird das durchsuchen der Suchresultate erspart und man kommt direkt zu der gewünschten Information. Darüber hinaus kann ChatGPT aber auch kreative Anfragen ausführen und selbst produktiv etwas für dich erstllen. So zum Beispiel einen Text verfassen oder einen Code schreiben. Und jetzt kommt der größte Unterschied zu klassischen Suchmaschinen: Du kannst auf die Antwort reagieren. So zum Beispiel “Sage mir mehr über xy”. ChatGPT wird dem Namen gerecht und geht auf deine Folgefrage ein, unter Berücksichtigung des vorangegangenen Chatverlaufes.

Kurz zusammen gefasst: ChatGPT listet nicht nur Suchresultate sondern erklärt dir deine Frage persönlich. Das Nutzererlebnis ist unglaublich.

Ich erwarte, dass sich mit ChatGPT und ähnlichen Programmen die Art, wie wir im Internet suchen, stark verändern wird. Ich bin mir sicher, dass Google bereits an derartigen Lösungen arbeitet.

Beispiele, um das Potential zu zeigen

Um ChatGPT zu testen habe ich das Tool mit folgenden Problemen heraus gefordert und erstaunliche Resultate erhalten:

Wie ChatGPT eine Textaufgabe löst und erklärt.
  • Eine komplexe mathematische Gleichung hat mit ChatGPT nicht nur korrekt gelöst, sondern Schritt für Schritt erklärt. 
  • Auf meinen Wunsch hin hat ChatGPT mir “Romeo und Julia” aus der Sicht von Julia zusammen gefasst.
  • ChatGPT hat mir einen funktionionierenden Code erstellt, welcher eine analoge Uhr anzeigt. Der Code war vorbildlich kommentiert.
  • ChatGPT hat mich darauf hingewiesen, dass mein Wunsch, Styles direkt in einem html Dokument zu integrieren, veraltet ist.
  • ChatGPT hat folgende zwei Kapitel dieses Blogbeitrages (in blau) selbst geschrieben. Die Anfrage lautete: “Schreibe einen Bericht über die Vorteile von künstlicher Intelligenz für die Schule und den Unterricht und in einem zweiten Abschnitt die Probleme und Gefahren, welche künstliche Intelligenz für die Schule bringt.”

Vorteile von künstlicher Intelligenz in der Schule

Dieses Kapitel (blaue Schriftfarbe) hat ChatGPT selbst geschrieben. Die Anfrage lautete: “Schreibe einen Bericht über die Vorteile von künstlicher Intelligenz für die Schule und den Unterricht …”

“Künstliche Intelligenz (KI) kann für Schulen und den Unterricht sehr nützlich sein. Zum einen können Schülerinnen und Schüler mit KI-Tools ihre Fähigkeiten und Kenntnisse auf individuelle Weise verbessern und vertiefen. Zum Beispiel können Lern-Apps, die auf KI basieren, personalisierte Lernpläne erstellen und die Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen, ihre Schwächen auszugleichen und ihre Stärken weiterzuentwickeln.

Zum anderen können Lehrerinnen und Lehrer von KI profitieren, indem sie mithilfe von KI-Tools ihren Unterricht individualisieren und personalisieren. Zum Beispiel können KI-Tools dazu verwendet werden, automatisierte Feedback-Mechanismen für Schülerinnen und Schüler zu entwickeln, um ihnen bei der Verbesserung ihrer Leistungen zu helfen.

KI kann auch dazu beitragen, Lehrerinnen und Lehrern die Verwaltung und Organisation ihres Unterrichts zu erleichtern. Zum Beispiel können KI-Tools dazu verwendet werden, um Schülerinnen und Schüler zu Gruppen zusammenzustellen, die gut zusammenarbeiten und Lernfortschritte erzielen, oder um individuelle Lernpläne für jede Schülerin und jeden Schüler zu erstellen.

(…)” (KI-Antwort von ChatGPT, Am Ende gekürzt)

Konkrete Anwendungsbeispiele für den Unterricht

Damit mag die KI wohl recht haben. Hier nun aber ein paar konkrete Ideen, wie Lehrpersonen und Lernende KI einsetzen können:

  • Schwierige Texte in einfacher Sprache für Kinder zusammen fassen lassen.
  • Fragen zum Textverständnis können nach dem Lesen eines beliebigen Fachtextes direkt von der KI gestellt und überprüft werden. Einfach Text hochladen und eine Aufforderung schreiben.*
  • Rückmeldung zum Schreibstil oder Rechtschreibung zu einem eigenen Text von ChatGPT erfragen. Die Lernenden erhalten erstaunlich differenziertes Feedback und konkrete Vorschläge zur Umformulierung. Das Tool weist zum Beispiel auf zu lange oder komplexe Sätze hin.
  • Hilfe für Lernende bei Testvorbereitungen. ChatGPT stellt Fragen und überprüft die Antworten der Lernenden direkt.
  • Gegner um freies Argumentieren zu üben. ChatGPT stellt Fragen und reagiert auf deine Antworten.*
  • Zusammenfassung von wichtigen Punkten zu einem Thema.
  • Übungsfragen erstellen lassen.*
  • Erklärung zur Anwendung einer Regel.*
  • Hilfe bei Recherchen.
  • Vorbereitung für Diskussionen: ChatGPT liefert auf Anfrage alternative Ansichten.
  • ChatGPT kann Aufgaben Schritt für Schritt erklären. Das kann bei den Hausaufgaben durchaus nützlich sein, auch wenn es gleichzeitig ein Gefahrenpotential für Abschreiber birgt.

Die Möglichkeiten sind vielfältig und es werden sich immer mehr nützliche Anwendungsszenarien zeigen. Übrigens stammen vier der oben genannten Ideen ebenfalls von ChatGPT. Sie sind mit * markiert. Darunter befindet sich auch meine Lieblingsanwendung zum Textverständnis.

Auch nützlich finde ich die erste persönliche Rückmeldung durch KI zur Überarbeitung von Schülertexten:

ChatGPT gibt einem Schüler Rückmeldung auf seinen ersten Teil seines Aufsatzes. Korrekt weist das Tool auf die vielen Wiederholungen des Namens hin.

Gefahren von künstlicher Intelligenz in der Schule

Dieses Kapitel (blaue Schriftfarbe) hat ChatGPT selbst geschrieben. Die Anfrage lautete: “… und in einem zweiten Abschnitt die Probleme und Gefahren, welche künstliche Intelligenz für die Schule bringt.”

“Es gibt einige mögliche Gefahren und Nachteile von KI für Schulen und den Unterricht. Einige dieser Gefahren und Nachteile sind:

  • Die Verwendung von KI im Unterricht könnte dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler weniger motiviert sind, da sie möglicherweise das Gefühl haben, dass ihre Leistungen durch die KI ersetzt werden könnten.
  • KI-Systeme können Fehler machen und falsche Informationen liefern, was zu falschen oder irreführenden Lerninhalten führen kann.
  • Es besteht das Risiko, dass KI-Systeme im Unterricht benachteiligte Schülerinnen und Schüler weiter benachteiligen, indem sie ihre individuellen Bedürfnisse nicht berücksichtigen.
  • KI-Systeme erfordern möglicherweise auch erhebliche Investitionen in Technologie und Infrastruktur, die für manche Schulen schwer zu bewältigen sein könnten.

Insgesamt kann die Verwendung von KI im Unterricht zwar durchaus Vorteile bieten, es ist jedoch wichtig, sorgfältig zu überlegen und abzuwägen, ob und wie KI in Schulen und im Unterricht eingesetzt werden sollte.” (KI-Antwort von ChatGPT)

Was ChatGPT hier schreibt, ist sicher nicht falsch. Gerne würde ich ein paar kritische Punkte ergänzen:

  • Verlust der Kreativität: Verlassen sich die Lernenden bei kreativen Prozessen auf die Ideen einer KI, so machen sie in Kreativität auch keine Fortschritte.
  • Schülerinnen und Schüler werden versucht sein, ihre Hausaufgaben von einer KI lösen zu lassen. Bisher hat sich die Mogelei auf Abschreiben von Kollegen und den Taschenrechner begrenzt. Ersteres konnte leicht als Kopie identifiziert werden, beim Taschenrechner mussten die Kinder trotzdem wissen, was sie eintippen mussten um zur richtigen Lösung zu kommen. Eine KI löst die Aufgabe nicht nur vollständig, sondern zeigt auch Lösungswege an. Diese sind für Lehrpersonen schwer als KI-Lösung zu erkennen. Zudem löst die KI auch Textaufgaben und Aufträge in Fächern wie Deutsch oder Englisch. Ja, es schreibt komplette Texte. Dies führt zum nächsten Punkt:
  • Lehrpersonen müssen vermehrt Plagiatschecker einsetzen. Das sind Progamme, welche erkennen ob eine Schülerin oder ein Schüler einen Text zusammenkopiert hat. Neuerdings erkennen diese Programme auch künstlich erstellte Texte und geben die Wahrscheinlichkeit einer KI-Mitwirkung in Prozenten an. Wie immer hinkt die Entwicklung von Anti-Tools aber hinterher. Gängige GPT-2 Checker (GPT-2 Output Detector) halten beispielsweise den oben generierten blauen Text von einer GPT-3 KI für echt.
  • Ich habe Angst vor dem Tage, an welchem das erste durch KI erstellte Lehrmittel erscheint. Der Gedanke ist nicht abwegig, kursieren doch schon viele bebilderte Kinderbücher, welche in Bild und Text komplett von einer KI erstellt wurden.
  • Die Quelle der Daten kann nicht verifiziert werden.
  • Die Rechtslage zu Urheberrecht und Nutzung ist derzeit nicht geklärt.
  • Ob es auch bei GPT-3 Tools wie ChatGPT so etwas wie eine Filterblase gibt, welche eine einseitige Weltanschauung begünstigt, muss sich noch zeigen.

Fluch oder Segen?

Die Frage ist falsch gestellt. Besser wäre die Frage danach, wie die Schule mit den neuen Möglichkeiten umgehen sollte. Klar ließe sich die Seite für die Schule sperren. Damit könnten die Schüler wenigstens in der Schule ihre Aufgaben nicht von ChatGPT lösen lassen. Aber weitere Tools mit noch stärkerer Leistung werden folgen. Diese Art der Suche nach Informationen und Hilfe wird zum Standard. Deswegen sollte man sich nicht vor ihr verschließen. Wie mit allen Medien muss ein verantwortungsvoller Umgang gelernt werden. Das wird zum neuen Bildungsauftrag der Schule und sollte seinen Weg in die Lehrpläne finden. Angefangen muss bei dem Hintergrundwissen über KI, damit der “Zauber” etwas an Magie verliert. Danach ist es bloss noch eine weiterführende Bildung über Suchmaschinen, Recherche und deren Verwendung.

Wie ChatGPT selbst beschrieben hat, kann künstliche Intelligenz beim Lernen helfen. Beispielsweise kann eine Aufgabe Schritt-für-Schritt erklärt werden. Machen wir uns also die Technik für die Schule zunutze. Weitere Anwendungsfelder werden sich schnell zeigen. Übrigens: Auch Lehrpersonen können von diesem virtuellen Assistenten in ihrer Arbeit profitieren.

Von KI generiertes Bild. Die Anfrage lautete: “Freundliches pinkes Monster im Wald mit Blume in der Hand im Stile von Pixar Filmen in mythischem Licht.”

Fazit

Ich bin in heller Aufregung. Noch nie konnte mich ein Tool so überraschen, auch kein bisheriges AI Tool. Ich freue mich vor allem über die neuen Möglichkeiten, welche damit eröffnet werden. Wir sind erst am Anfang. Doch zeigt sich damit, dass das Internet und die Art, wie wir es nutzen, sich in den nächsten Jahren stark verändern wird.

In vielen Bereichen hat ChatGPT bei mir Google bereits ersetzt. Es gibt Arbeiten, welche mir durch ChatGPT vereinfacht oder gar abgenommen werden.

Auch wenn ChatGPT demnächst die Testphase verlassen wird und kostenpflichtig wird, es werden weitere Tools folgen. Irgendwann wird diese Art der Recherche und Arbeitsunterstützung zum neuen Standard. Da kann sich auch die Schule nicht davor verschliessen. Wenn jetzt gehandelt wird, dann wird die Schule aber davon wenigstens nicht überrascht. Mit der passenden offenen Einstellung dazu kann und sollte die Schule gar merklich davon profitieren. Machen wir uns diese neuen Instrumente zunutze!

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